In einem neuen Angebot richten Patientinnen und Patienten den Blick auf die eigenen Stärken. Der Psychologe und Psychotherapeut Peter Bögli hat das Angebot entwickelt. Er begibt sich mit Menschen auf Schatzsuche.
Nur die wenigsten Menschen würden über sich selbst eine Lobrede halten. Zu viel Selbstbewusstsein erntet in der Regel keine Sympathien. Wenn Menschen jedoch den Bezug zu ihren eigenen Stärken verloren haben, kann es heilsam sein, die Wertschätzung sich selbst gegenüber zum Thema zu machen. Das trifft auf Menschen mit einer Suchterkrankung häufig zu. Ein neues Angebot widmet sich deshalb der menschlichen Widerstandskraft – in der Fachwelt spricht man von Resilienz. Im Rahmen einer Gruppe richten die Teilnehmenden den Blick auf ihre eigenen Ressourcen. Dabei werden auch regelmässig Lobreden gehalten. Allerdings sprechen die Patientinnen und Patienten nicht über sich selbst, sondern über ein anderes Mitglied der Gruppe. Es ist eine von vielen Übungen, welche die Teilnehmenden im Angebot Resilienz Südhang (PRS) durchführen. «Das Feedback ist bisher äusserst positiv», sagt Peter Bögli, Psychologe und Psychotherapeut. Er hat das Angebot initiiert und für die Klinik Südhang entwickelt.
Was macht gesund?
Peter Bögli bringt Erfahrung mit. Zehn Jahre lang war er als Psychologe und Psychotherapeut und später als Oberpsychologe für die Stationären Therapien Südhang tätig. «Ich habe viele Herausforderungen erlebt und konnte mich stets weiterentwickeln», sagt er. Als er mit 60 kürzer treten will und sich 2018 frühzeitig pensionieren lässt, bietet man ihm eine weiterführende Mitarbeit in Form von Teilzeit-Einsätzen an. Dann kommt ein überraschendes Angebot: «Ich wurde eingeladen, ein Angebot zum Thema Resilienz zu entwickeln», so Peter Bögli. Der Fachmann, der den Blick gerne auf das Positive richtet, muss nicht lange überlegen: «Ich finde es sensationell, wenn man in einer Klinik derart ressourcenorientiert arbeiten kann», bemerkt er. Sein Konzept basiert auf dem Wissen, das er sich vor einigen Jahren in einer umfassenden Weiterbildung am Institut für Gesundheitspsychologie von Gert Kaluza angeeignet hat. Die Theorie der Resilienz wurde ursprünglich vom Soziologen Aaron Antonovsky entwickelt, der sich nicht der Frage widmete, was den Menschen krank macht, sondern was ihn gesund hält
Worauf freue ich mich?
Das Angebot Resilienz Südhang gibt es seit Februar 2020 Die Teilnehmenden arbeiten intensiv. Die Gruppe trifft sich dreimal pro Woche während eineinhalb Stunden und beschäftigt sich mit einem «Vier-Punkte-Programm», wie Peter Bögli erläutert. Es geht um Selbstfürsorge, Selbstwirksamkeit, soziale Netzwerke und Sinnorientierung. Zum einen erhalten die Patientinnen und Patienten wichtige Informationen zu diesen Lebensthemen. Zum andern übernehmen sie aktive Rollen und beschäftigen sich mit ihren Biografien. Beim Schreiben der Lobrede geht es beispielsweise um die Frage: «Wie verdiene ich Anerkennung?» Und beim Thema soziale Netzwerke wird erkundet, «wer zu mir gehört, wer mir gut tut» oder «was ich für andere tue und andere für mich tun». Die Ergebnisse werden analysiert und mögliche Handlungen daraus abgeleitet. Dabei sei es wichtig, das Commitment zu stärken und Abmachungen zu treffen, meint Peter Bögli. Letztlich geht es im PRS immer um Aspekte der Kraft. Dazu gehört am Ende jeder Therapiesequenz auch die Frage: «Worauf freue ich mich morgen?» Auf diesem Weg suchen Patientinnen und Patienten nach inneren Schätzen, was zu einer Stärkung der Persönlichkeit führt. Die Wirksamkeit des Projekts wird in der klinikeigenen Forschungsabteilung ausgewertet, sodass bei Bedarf Anpassungen am Konzept vorgenommen werden können.